Möchte ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter außerordentlich oder verhaltensbedingt kündigen, ist in der Regel eine vorherige Abmahnung notwendig. Sonst reicht das Gewicht der begangenen Pflichtverletzung häufig nicht für eine Kündigung aus. Ein wiederholtes Fehlverhalten trotz der vorherigen Abmahnung oder mehrerer Abmahnungen wiegt deutlich mehr, sodass die daraufhin ausgesprochene Kündigung eher wirksam sein wird. Dabei entfaltet sie diese Wirkung nur, wenn es sich um eine erneute gleichartige Pflichtwidrigkeit handelt. Verspätungen und das zu frühe Verlassen der Arbeitsstätte sind zum Beispiel ähnlich und damit gleichartig.

Abmahnung

Vorherige Abmahnung als Voraussetzungen einer Kündigung

Vor einer Kündigung ist häufig eine Abmahnung erforderlich. Beispiele für Pflichtverletzungen, die abgemahnt werden können:

  • Beleidigungen

  • privates Surfen im Internet

  • unerlaubte Nebentätigkeiten

  • Schlechtleistung

  • Arbeitsverweigerung

  • unentschuldigtes Fehlen

Es gibt auch die Ausnahmefälle, in denen der Verstoß des Angestellten so schwer wiegt, dass dem Arbeitgeber nicht einmal das Ertragen der ersten Handlung zumutbar ist oder solche Situationen, bei denen schon von Anfang an klar ist, dass eine Abmahnung nichts bringen wird. Dann kann auch ohne die Abmahnung gekündigt werden. Jedoch können gewichtige Pflichtverletzungen, die in der Vergangenheit toleriert wurden, grundsätzlich nicht auf einmal einen verhältnismäßigen Kündigungsgrund darstellen, sodass eine Abmahnung durchaus erforderlich sein kann.

Beispiele für schwere Verstöße:

  • schwere Beleidigung: insbesondere rassistische oder sexistische Äußerungen

  • erheblicher Diebstahl

  • Körperverletzung

  • exzessives privates Surfen im Internet

  • sonstige unheilbare Vertrauensbrüche

Als Reserve und zur Dokumentation

Selbst wenn noch keine Kündigungsabsicht besteht, kann es Sinn machen abzumahnen, um sich in der Zukunft die Möglichkeit offen zu halten, auf eine Pflichtverletzung mit der Kündigung reagieren zu können. Auch lässt sich aus einer Abmahnung etwas über das Profil des Arbeitnehmers erkennen, sodass sich im Falle einer zukünftigen gerichtlichen Auseinandersetzung die Dokumentierung des Verhaltens als sehr nützlich erweisen kann.

Verhindern einer stillschweigenden Vertragsänderung

Toleriert der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Gewohnheit des Beschäftigten, kann es zu einer konkludenten Änderung der Vertragsbedingungen führen. Wenn der Arbeitnehmer jeden Tag um 9 Uhr erscheint, obwohl 7 Uhr bestimmt war, könnte dies nach Monaten rügelosen Zusehens als einvernehmliche Vertragsänderung eingeordnet werden. Die Abmahnung verhindert eine solche Annahme.

Was darf abgemahnt werden?

Nur ein steuerbares Verhalten kann abgemahnt werden, nicht etwa das krankheitsbedingte Ausfallen des Angestellten. Hier würde allenfalls eine krankheitsbedingte bzw. personenbedingte Kündigung in Betracht kommen. Das unentschuldigte Fehlen hingegen wäre ein steuerbares Verhalten.

Was muss eine Abmahnung enthalten?

I. Rügefunktion

Eine Abmahnung weist den Arbeitnehmer auf seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis hin und erklärt, inwiefern er diese verletzt hat. Dabei muss der Sachverhalt so bestimmt wie möglich beschrieben werden, das heißt, mit der Nennung des konkreten störenden Verhaltens samt Datum, Uhrzeit und Ort.

Sonst könnte sich der Arbeitnehmer sich im Fall einer Kündigung darauf stützen, er hätte nicht gewusst, dass dieses Verhalten den Arbeitgeber erheblich stört. Je bestimmter die Rüge ist, umso weniger kann sich der Beschäftigte auf Unwissen berufen.

II. Beweis- und Dokumentationsfunktion

Zwar bedarf die Abmahnung keiner speziellen Form, es ist jedoch für die Beweisbarkeit sehr wichtig, dass sie schriftlich erfolgt.

III. Warnfunktion

Das Wichtige ist, dass in der Abmahnung die Warnfunktion zur Geltung kommt. Sonst liegt keine Abmahnung, sondern nur eine Ermahnung vor.

Die Warnfunktion wird durch die Drohung mit den möglichen Konsequenzen einer erneuten Begehung verwirklicht. Der Arbeitnehmer muss aus der Abmahnung erkennen können, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung oder mit sonstigen Folgen wie z.B. einer Degradierung oder Versetzung rechnen muss. Dabei muss nicht explizit von ,,kündigungsrechtlichen Konsequenzen“ die Rede sein. Es reicht vom Wortlaut her, wenn sie auf ,,arbeitsrechtliche Konsequenzen“ hinweist.

Allerdings muss das Verhältnis vertretbar sein. Es kann nicht aufgrund von einmaligem Zuspätkommen von 2 Minuten mit einer Entlassung bei nächster Begehung gedroht werden. Stattdessen könnte die Abmahnung darauf hinweisen, dass öftere Verspätungen, die im Monat eine bestimmte Zeit ausmachen, arbeitsrechtliche Konsequenzen mit sich ziehen können.

Kriterien für eine starke oder schwache Abmahnung

Liegt zwischen der Pflichtverletzung und der darauffolgenden Abmahnung viel Zeit, kann die Abmahnung verwirken. Sie könnte dann unwirksam oder nahezu bedeutungslos sein. Es sollte deshalb schnell abgemahnt werden.

Wenn nach der Abmahnung viel Zeit bis zur wiederholten Pflichtverletzung vergeht, kann auch eine erneute Abmahnung eher angebracht sein, als eine Kündigung.

Je öfter eine Abmahnung ausgesprochen wird, ohne dass die angedrohten Folgen tatsächlich eingeleitet werden, umso geringer ist ihre Ernsthaftigkeit bzw. Glaubwürdigkeit. Solche werden dem wiederholten Fehlverhalten weniger kündigungsrechtliche Substanz verleihen.

Die Bestimmtheit des gerügten Verhaltens mit Ort, Zeit und Datum, erhöht das Gewicht.

Wie kann man gegen eine Abmahnung vorgehen?

Dem Arbeitnehmer stehen gegen eine Abmahnung mehrere Optionen zu. Er kann sich durch Gegendarstellung, Einschaltung des Betriebsrats, Klage auf Entfernung aus der Personalakte oder Widerruf der Abmahnung gegen sie zur Wehr setzen. Da hierfür keine Fristen vorliegen, ist es auch möglich zunächst nichts zu tun und erst bei Bedarf im Kündigungsschutzprozess gegen die Abmahnung bzw. ihren Inhalt vorzugehen.

I. Was ist eine Gegendarstellung?

Bei einer Gegendarstellung schildert der Arbeitnehmer seine Sicht auf den Sachverhalt und kann Entschuldigungsgründe darlegen. Die Gegendarstellung ist dann in die Personalakte aufzunehmen.

Es kann im Kündigungsschutzprozess nützlich sein, hat aber den Nachteil, dass es eine negative Atmosphäre mit dem Arbeitgeber verursachen kann. Insbesondere, wenn er gar nicht beabsichtigt zu kündigen, sondern den Fall nur aus Sicherheitsgründen rechtserheblich dokumentieren möchte.

II. Was kann der Betriebsrat machen?

Der Betriebsrat muss vor einer Abmahnung weder angehört werden noch seine Zustimmung erteilen.

Aber er kann mit dem Arbeitgeber reden und versuchen die Abmahnung rückgängig zu machen.

III. Welche Voraussetzungen gelten für die Entfernung?

Der Arbeitnehmer kann (auch im Wege der Klage) die Entfernung einer ungerechtfertigten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der behauptete Sachverhalt nicht stimmt, zu unbestimmt formuliert ist, das Verhalten rechtlich falsch beurteilt wurde oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr am Behalten besteht.

Rügt ein Abmahnungsschreiben mehrere Handlungen, muss sie entfernt werden, wenn eine Rüge fehlerhaft ist.

Wann ist eine Abmahnung unwirksam?

Eine Abmahnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam, wenn sie

  • inhaltlich zu unbestimmt ist,

  • nur pauschale Vorwürfe enthält,

  • unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält,

  • auf einer unzutreffenden Bewertung des Verhaltens beruht

  • oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

Ist eine Abmahnung unwirksam, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass die Abmahnung ersatzlos aus der Personalakte entfernt wird.

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